"Was machen Sie beruflich?"


Das berufliche Leben als Patchwork, entstanden aus Neigungen, Begabungen und - dem Zufall. Einige "Grundfarben" tauchen immer wieder auf und halten alles zusammen. Mein besonderes Interesse gilt: Sprache(n); anderen Menschen und ihren Lebensgeschichten; alternativen Lebensentwürfen jenseits von Konsum und Hektik; fremden Kulturen (insbesondere China) und den reizvollen Unwägbarkeiten interkultureller Begegnungen.

Donnerstag, 31. Januar 2019

MoMo1: Resonanzversprechen

Nachdem ich mich durch mehrere Testberichte gelesen und mich über die Vor- und Nachteile verschiedener Kameratypen und Kamerasensoren etc. informiert habe, nachdem ich auch in einem Fachgeschäft war, diverse Kameras in der Hand hielt und versuchte, auf mein Bauchgefühl zu hören, nach all diesem Aufwand also, habe ich mich entschlossen, vorerst doch keine neue Kamera zu kaufen.
Warum? Weil ich nicht weiß, ob ich wirklich eine neue Kamera brauche oder ob ich nur einem Resonanzversprechen aufsitze.
Der Begriff geht auf den Soziologen Hartmut Rosa und sein Buch Resonanz zurück, das ich einmal für Psychologie heute rezensiert habe. Rosa beschreibt darin, wie sich der Mensch nach Begegnung sehnt, nach einem lebendigen Austausch mit anderen Menschen, aber auch mit Dingen, Ideen, Natur und Kunst, kurzum: Er sucht nach Resonanz. Das erfordert jedoch Zeit und Offenheit, zwei Dinge, die, Rosa zufolge, in der kapitalistischen Gesellschaft mit ihrer wettbewerbsorientierten Wachstums- und Leistungsideologie systematisch untergraben werden, so dass die Welt für den Einzelnen immer mehr verstummt.
Und hier kommt nun der Konsum als Resonanzversprechen ins Spiel. "Durch den Erwerb des Weltdings als Ware hoffen wir, uns ein Stück Welt anzueignen und dadurch eine neue, tiefere, intensivere Form der Weltbeziehung zu verwirklichen." Man kauft also z.B. eine Outdoorjacke und hofft, sich dadurch mit der Natur ganz neu zu verbinden, oder durch eine neue Steroanlage Musik tiefer zu erleben etc. Doch das Entscheidende ist nicht der Kauf, sondern was man danach mit diesen Dingen macht. Diese Anverwandlung "ist zeitintensiv und erfordert das Sich-Einlassen auf die Dinge sowie die Bereitschaft, sich selbst zu verändern, sich gleichsam aufs Spiel zu setzen." Dafür fehlt aber wiederum die Zeit und so kommt es, wie es kommen muss: "Menschen in den Wohlstandsgesesllschaften kaufen Jahr für Jahr mehr Bücher, mehr Tonträger, mehr Teleskope und Klaviere, aber sie lesen und hören sie, beobachten und spielen damit und darauf immer seltener." 

Kurzum: Ich habe mich gefragt, ob ich wirklich fotografieren will oder ob das nur ein Bild von mir ist, das ich gerade im Kopf habe. Wenn ich mir eine neue Kamera kaufe, habe ich dann wirklich Zeit und Lust, mich damit vertraut zu machen, sie wirklich zu gebrauchen? Zum Glück habe ich einen Mitbewohner, der sich selbst eine gute Kamera gekauft hat, die er kaum nutzt. Und der so nett ist, sie mir zu leihen, damit ich das herausfinden kann.

Zitate aus: Hartmut Rosa: Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung. Berlin: Suhrkamp 2016

MoMo1: Fotoausstellung: MICHAEL WOLF - LIFE IN CITIES

Wenigstens in eine Fotoausstellung wollte ich diesen Monat unbedingt noch gehen. Ich befragte das Internet. Michael Wolf, Life in Cities, Haus der Fotografie in den Deichtorhallen? Hört sich gut an, dachte ich, bin hin - und war begeistert.


Michael Wolf (geb. 1954) war lange Zeit Fotojournalist und arbeitet seit 2003 als freier Fotograf und Künstler. Er lebt in Hongkong und Paris und dokumentiert in seinen Arbeiten auf jeweils ganz unterschiedliche Weise das Leben in heutigen Metropolen. In der Ausstellung werden 11 Werkserien und eine große Wandinstallation gezeigt. Da gibt es etwa fast abstrakt wirkende Fotos von Wohnblocks, wie in der Serie  Architecture of Density.


 

100 x 100 zeigt dagegen das Innenleben eines Wohnblocks mit jeweils 9m² (!) großen Sozialwohnungen in Hongkong. In der Ausstellung sind diese Fotos in einem 9m² großen Raum gehängt, so dass man auch einen physischen Eindruck der Größenverhältnisse bekommt.







Andere Serien wie Bastard Chairs oder Informal Solutions sind eine Hommage an den Einfallsreichtum der Stadtbewohner, die sich den öffentlichen Raum wieder zu eigen machen. Sehr beieindruckend auch Tokyo Compression, Fotos von Menschen in der U-Bahn von Tokio.
Es gäbe noch viel mehr zu zeigen und zu schreiben. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich die Ausstellung selbst ansehen. Sie ist noch bis 3. März in Hamburg zu sehen. Einen ersten Eindruck bekommt man auf diesem Video: Deichtorhallen, Life in Cities, Teaser

Als ich wieder auf der Straße stand, hatte ich erst einmal einen ganz neuen, frischen Blick auf die Stadt. Und hätte am liebsten sofort losfotografiert.

Dienstag, 29. Januar 2019

Mottomonat ist der neue Projektmonat

Meine Nicht Laura (15) schrieb mir, dass sie das mit den "Mottomonaten" dieses Jahr auch mal ausprobieren möchte. Und natürlich hat sie recht: Mottomonat klingt viel schöner als Projektmonat, weniger nach Arbeit, mehr nach Vergnügen. Diese ganzen mms und ooos! Deshalb wird jetzt umgetauft: Mottomonate sind die neuen Projektmonate! Danke, Laura.

Montag, 28. Januar 2019

MoMo1: Fotos ordnen

Das letzte Wochenende habe ich vor allem damit verbracht, Fotos zu ordnen und einzukleben (mit Fotoecken!). In besagter Blechkiste waren noch ziemlich alte Bilder ... von einer Geburtstagsfeier ... vom Besuch einer Freundin, von der ich seit Jahren nichts mehr gehört habe ... meine Nichte - inzwischen längst ein Teenager - als Baby ... Um sie einzuordnen, musste ich alle meine Alben durchblättern. Eine Zeitreise. Ich wurde ganz melancholisch.

Es fällt mir furchtbar schwer, Fotos (oder Negative) wegzuwerfen. Als wären sie unersetzliche historische Dokumente. Vielleicht weil ich noch aus der Zeit der analogen Fotografie komme, als Bilder seltener und teurer waren. Hin- und wieder konnte ich mich aber doch überzeugen, dass nicht jeder verwackelte Tulpenstrauß und jeder unvorteilhafte Schnappschuss aufbewahrt werden muss.
Jetzt ist alles geschafft und die Blechkiste ist (fast) leer. Ein befriedigendes Gefühl!

vorher
nachher

Sonntag, 27. Januar 2019

MoMo1: Fotobuch

Da es eine Geburtstagsüberraschung werden sollte, durfte ich nichts verraten. Aber jetzt kann ich schreiben, was ich die ersten zwei Wochen während meines Fotomonats vor allem gemacht habe: mein erstes Fotobuch!

Aufmerksame Leserinnen und Leser dieses Blogs werden das Titelbild wiedererkennen.

Es hat sehr viel Spaß gemacht. Ich war teilweise bis in die Nacht damit beschäftigt und konnte gar nicht aufhören. Die Software, um das Ganze im Internet zu gestalten, war zwar nicht schwierig, aber trotzdem dauerte es einige Zeit, bis ich mich hineingefummelt hatte und wenigstens einen Teil der zahlreichen Möglichkeiten nutzen konnte.


Ohne Werbung machen zu wollen, nur als Info: Ich habe ein CEWE-Fotobuch gestaltet, weil mir das jemand empfohlen hatte. Es gibt natürlich auch andere Anbieter. Ich nehme an, dass die Programme und Preise sich nicht allzusehr unterscheiden.
Die Druckqualität der Bilder fand ich in Ordnung: Sehr hilfreich waren kleine Video-Tutorials mit Tipps und Tricks.




Ein billiges Vergnügen -  abhängig von Seitenzahl und Ausstattung - ist so ein Fotobuch allerdings nicht. (Zum Thema Geld und Projektmonate demnächst mehr.)

Aber es war sehr schön, die Reise auf diese Weise noch einmal Revue passieren zu lassen. Und als Geburtstagsüberraschung war das Buch ein voller Erfolg!



Dienstag, 22. Januar 2019

MoMo1: Alte Fotos und ihre Geschichten

Im Rahmen meines Fotomonats habe ich meine alten Familienalben durchgesehen und bin dabei auf eine Kopie des Familienstammbaums gestoßen, den mein Vater mal erstellt hat. Die ersten dürftigen Aufzeichnungen stammen vom Ende des 18. Jahrhunderts, mehr Informationen konnte er erst aus dem 19. Jahrhundert zusammentragen. Trotzdem erscheint mir dieser Stammbaum wie ein Spiegel der deutschen Geschichte und der Veränderungen der sozialen Verhältnisse.

Die Vorfahren meines Vaters kommen aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Schlesien im heutigen Polen. Einfache Leute, Arbeiter, Handwerker, darunter ein Scherenschleifer, mein Großvater Korbmachermeister. Der schlesische Zweig ist katholisch, die anderen sind Protestanten.
Auf der Seite meiner Mutter kommen alle aus Bayern, auch hier Handwerker, Bäcker, Färber, die meisten aber sind Bauern aus einem Dorf in der Nähe von München, erzkatholisch, kinderreich, die erste Tochter wird meist Maria, der erste Sohn Josef genannt. In diesem Dorf wurde 1986 eine Art Chronik erstellt, das Hohenbrunner Heimatbuch von Heinrich Gröber, in dem auch ein Foto meiner Urgroßeltern zu sehen ist:

Das Foto ist auf dem Feld aufgenommen, sie tragen Arbeitskleidung, das Kopftuch gehörte dazu. Ich finde, sie sehen gottergeben aus, einverstanden mit dem Leben, wie es nun mal ist. Nicht unbedingt glücklich.
Beide sind Jahrgang 1865. Meine Urgroßmutter hat 13 Kinder geboren, von denen sechs das erste Jahr nicht überlebt haben.
Aber es gibt auch dieses Foto in der Chronik: Die Familie (und ein paar Nachbarn) bei der Hausmusik. Der Urgroßvater soll sehr musikalisch gewesen sein und sich selbst das Orgelspielen beigebracht haben. Das kleine Mädchen vorne ist meine Großmutter. Sie war später Organistin in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin.







Die ersten Büroberufe (Kontoristin, Postangestellter) tauchen erst in der Generation meiner Großeltern auf. Und erst in meiner Generation war es nicht mehr ungewöhnlich, dass auch Kinder aus dieser sozialen Schicht studierten. Was für Veränderungen innerhalb weniger Generationen!

Sonntag, 6. Januar 2019

Erster Projektmonat 2019: Fotos

In meinem ersten Projektmonat in diesem Jahr will ich mich mit Fotos beschäftigen. Das kann alles Mögliche bedeuten:

Alte Fotos ordnen. Ich habe zwar schon eine Menge Alben, aber es gibt da noch diese alte Whiskeykiste aus Blech voller Bilder aus ganz unterschiedlichen Zeiten...
Auch die digitalen Fotoordner sind nicht unbedingt in einem Zustand, dass ich ohne Probleme finde, was ich suche.








Ich könnte auch ein Fotobuch gestalten, zum Beispiel aus den Fotos meiner Kindheit oder über die Reisen in China...







Außerdem würdeich gerne mehr über Fotografieren lernen. Im Moment habe ich nur eine kleine Kompaktkamera und knipse mit den automatischen Einstellungen.

Einige meiner Fotos würde ich gerne mal größer ausdrucken und aufhängen. Ich habe auch vor langem schon ein paar Bilderserien angefangen, die ich weiterführen möchte. Eine davon ist die Bio-Rothko-Serie (mehr), eine andere heißt Dichterstraßen. Dafür habe ich Goethe- und Schillerstraßen in verschiedenen Städten fotografiert.

Als erstes habe ich mir letzte Woche das Buch "Digital fotografieren lernen - Schritt für Schritt zu perfekten Fotos" ausgeliehen und schon mal angefangen, mich in die Welt von Belichtungszeiten, Blenden und ISO-Werten einzulesen. Uff!

Freitag, 4. Januar 2019

Zum neuen Jahr: Projekte! Projekte! Projekte!

Vor etwa zwei Jahren war ich wieder einmal unzufrieden damit, dass es so viele Dinge gibt, die ich spannend finde, die ich gerne einmal ausprobieren oder für die ich mir mehr Zeit nehmen möchte - dass ich es aber oft einfach nicht mache. Ich hatte das Gefühl, meine Interessen blockieren sich geradezu gegenseitig. Kaum fange ich das eine an, schon melden sich die anderen zu Wort und beschweren sich, dass sie zu kurz kommen. Das hat mich auf die Idee mit den Projektmonaten gebracht. Kurz gesagt geht es darum, sich einen Monat lang in seiner freien Zeit (nur) einer Sache zu widmen. Ohne schlechtes Gewissen, denn alles andere kann ja in einem anderen Monat zu seinem Recht kommen.

Mein erster Projektmonat war Nähen. Mein Arbeitszimmer verwandelte sich in ein Nähatelier, alle meine Stoffe lagen herum, dazwischen Borten, Bänder, Reißverschlüsse, die Nähmaschine stand immer bereit. Ich habe mir Bücher aus der Bibliothek geholt und mich mit einer nähbegeisterten Freundin getroffen, um mich inspirieren zu lassen. Nachts habe ich mir auf Youtube Nähvideos angesehen. Es war richtig berauschend. Nach einem Monat (vielleicht waren es auch sechs Wochen) habe ich dann alles wieder zusammengepackt, die letzten Fäden aus dem Teppich geklaubt, die Nähmaschine verstaut und mir überlegt, worauf ich mich als nächstes einlassen möchte.

Es war und ist eine spannende Erfahrung. Oft verlaufen die Monate ganz anders als ich mir das am Anfang vorstelle. Sie entwickeln ein Eigenleben. Es tut mir auch einfach gut, mich - zumindest vorübergehend - auf eine Sache einzulassen, statt mich ständig zu verzetteln. Weil ich mir denke, dass es anderen vielleicht auch so geht, habe ich mir für das neue Jahr vorgenommen, meine Projekt-monate auf meiner Website zu dokumentieren. Vielleicht lässt sich ja der eine oder die andere davon inspirieren.

Hier auch gleich eine erste kleine Übung:
Einfach mal unzensiert alles aufschreiben, was man gerne mal machen möchte, wofür man gerne Zeit hätte, wovon man schon lange träumt oder was man einfach mal ausprobieren möchte.

Meine vorläufige Liste für das neue Jahr sieht zum Beispiel so aus:
Fotos / Musik machen / Chinesisch (Englisch, Spanisch) lernen / nähen / ohne Plastik leben / kochen / meditieren / etwas mit Geräuschen, Tönen machen / Wellness, Massagen, Yoga / Vogelstimmen kennenlernen / basteln / singen / Buchbinden lernen / Tai Ji Quan lernen / alle Museen in Hamburg ansehen / Ausflüge in der Umgebung machen / mich mit essbaren Wildpflanzen beschäftigen / Aquarellmalerei / Gedichte lesen / Modedesign...

Das ist natürlich zuviel für ein Jahr. Aber das ist egal. Erst einmal geht es darum, ins Träumen zu kommen und Ideen zu sammeln. Was ich dann wirklich mache, wird sich zeigen.