"Was machen Sie beruflich?"


Das berufliche Leben als Patchwork, entstanden aus Neigungen, Begabungen und - dem Zufall. Einige "Grundfarben" tauchen immer wieder auf und halten alles zusammen. Mein besonderes Interesse gilt: Sprache(n); anderen Menschen und ihren Lebensgeschichten; alternativen Lebensentwürfen jenseits von Konsum und Hektik; fremden Kulturen (insbesondere China) und den reizvollen Unwägbarkeiten interkultureller Begegnungen.

Sonntag, 22. Juni 2025

Licht, Gespräche und Eisenbahn auf der Kulturellen Landpartie

Jupp und ich waren auch dieses Jahr zu Gast auf der Kulturellen Landpartie im Wendland, wobei Jupp nicht nur Gast, sondern auch Mitwirkender war. Unsere Basis war wieder Brünkendorf im Nordosten der Region. Der Journalist und Filmemacher (und sonst noch so einiges) Reinhard Kahl lud auf seinem Anwesen erneut zu Scheunengesprächen ein. Und Jupp verzauberte Scheune und Außenbereich mit seinen Lichtobjekten.


Auch die Gespräche waren wieder sehr anregend: 


Ulrike Herrmann
Ulrike Hermann
, Wirtschaftskorrespondentin der taz, führte ein "Werkstattgespräch", bei dem sie noch Anregungen für ihr nächstes Buch "Geld als Waffe" aufnehmen wollte. Der Schriftsteller und Publizist Michael Ebmeyer diskutierte darüber, warum der Begriff der Revolte von Rechts vereinnahmt werden konnte. (Ebenso wie andere Begriffe, etwa "Freiheit" oder "Alternative"). Van Bo Le-Mentzel war mehrere Tage mit Frau und Kindern zu Gast. Er ist Architekt und wurde mit Tiny Häusern und sog. Hartz-IV-Möbeln bekannt. Er plant die Gründung einer Gemeinwohl-GmbH, deren Ziel es ist, kleine, billige und schöne Wohnungen zu bauen. Auch Elly Oldenbourg, langjährige Mitarbeiterin bei Google, plant ein Unternehmen. Es soll Frauen dabei unterstützen, Geld für die Altersvorsorge zurückzulegen. Befragt wurde sie aber zu ihrem Buch "Workshift. Warum wir heute anders arbeiten müssen, um unser Morgen zu retten.
 
Und natürlich spielte in mehreren Gesprächen das Thema Schule und Bildung eine Rolle, mit dem Reinhard Kahl sich schon seit vielen Jahren auseinandersetzt. Wie kann Schule anders gestaltet werden als jetzt, welche Vorbilder gibt es, was ist auch im Kleinen möglich? 
 
Nach dem Gespräch in der Scheune konnte man noch bei Getränken und Essen die Diskussion fortsetzen.  Und oft ging es dann am nächsten Morgen am Frühstückstisch weiter. Sehr schön!   
 
Patrick auf seiner Eisenbahn
Zwischendurch radelten wir nach Gartow (etwa sechs Kilometer entfernt) und unterstützten unseren zauberhaften Nachbarn Patrick Folkerts bei seinem Eisenbahnunternehmen, Jupp als Ticketverkäufer, ich im Bordbistro. Wir haben selten in so kurzer Zeit so viele glückliche Gesichter gesehen. Nicht nur von Kindern! Die Bahn fuhr fahrplanmäßig in Herbsthausen, auf dem Gelände eines ehemaligen Sägewerks, das jetzt in ein Kunstprojekt umgewandelt wird. Spannend!

Freitag, 20. Juni 2025

Unerwartete Anfragen und ein Kurbad

Qigong, Akupunktur, TCM - auch in diesem Umfeld interessiert man sich anscheinend für die Geschichte der Deutschen in China. 

Im Mai hielten Hilke und ich unsere erste Online-Lesung aus unserem Buch "Ausgerechnet zu den Chinesen..." für die Medizinische Gesellschaft für Qigong Yangsheng. Wir waren gespannt, ob unser Konzept auch online funktioniert und es scheint geklappt zu haben. Zumindest haben wir von den Teilnehmenden (immerhin um die 50 Personen!) viele positive Rückmeldungen bekommen. Ein paar Tage später, am 28. Mai, konnte ich einen ähnlichen Vortrag vor Leuten halten, die an der Internationalen Akupunkturwoche in Bad Kissingen, veranstaltet von der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur, teilnahmen. Da gab es zahlenmäßig weniger, aber mindestens genauso interessierte Zuhörer*innen. 

Ermöglicht wurde beides von einer sehr engagierten Ärztin aus Halle, die wir bei der Vernissage unserer Ausstellung im Oktober 2024 im Konfuzius-Institut in Berlin kennengelernt hatten. 

Ich finde es immer sehr schön, wenn es bei Veranstaltungen anschließend noch die Möglichkeit gibt, etwas zu trinken, zu essen und  miteinander ins Gespräch zu kommen. Manchmal tauscht man Mail-Adressen oder Telefonnummern aus. Meistens verläuft das dann im Sande, aber ab und zu kommt Wochen, Monate später plötzlich eine Mail, eine Anfrage, wie in diesem Fall. Ich mag das Gefühl, es könnte eigentlich immer ein kleines Wunder passieren.

Innenstadt Bad Kissingen
Auf diese Weise kam ich auch zum ersten Mal nach Bad Kissingen. Wasser und Salz, Bismarck und Musik, unter diesem Titel hatte der Deutschlandfunk dem Kurbad am 25. Mai dieses Jahres eine Lange Nacht gewidmet (mehr). An Superlativen mangelt es nicht: ältester Kurgarten, größtes Ensemble historischer Kurbauten Europas, UNESCO Weltkulturerbe. Im 19. und 20. Jahrhundert gaben sich hier gekrönte Häupter und berühmte Zeitgenossen ein Stelldichein. Sisi, die Kaiserin von Österreich, der russische Zar Alexander II, Theodor Fontane, Leo Tolstoi, Max Liebermann und viele mehr. Diese mondänen Zeiten sind vorbei, ich gestehe, mir kam die Stadt eher beschaulich, um nicht zu sagen langweilig vor. Aber vielleicht hatte ich auch nur zu wenig Zeit. Und es regnete... 


 

 

Montag, 26. Mai 2025

April-Salon: Der Weg der Blumen

Bevor sich die Termine demnächst wieder überstürzen, hier noch ein kleiner Bericht über unseren April-Salon, in dem es um Ikebana und Meditation ging. 
 
Marcia bei den Vorbereitungen
Als Vortragende konnten wir Marcia Shibata gewinnen. Die US-Amerikanerin lebt seit einiger Zeit in Hamburg. Sie hat bereits in den 1970er Jahren begonnen, sich mit Buddhismus und Meditation zu befassen. Von 1980 bis1985 vertiefte sie ihre Studien in Japan und wurde dort in Kado-Ikebana, einer meditativen Form der japanischen Blumensteckkunst ausgebildet. Seitdem gibt sie Kurse in den USA und Europa.
 
Im Vortrag erzählte sie, Kado-Ikebana in Verbindung mit Meditation sei für sie eine spirituelle Praxis, durch die man sich für eine universelle Weisheit öffnen könne. Dadurch sei es möglich, inneren Frieden zu finden, Ungleichgewichte in Harmonie zu bringen und auf die ständigen Veränderungen und Herausforderungen von Augenblick zu Augenblick mit mehr Genauigkeit zu reagieren.  

Um das an Beispielen zu zeigen, hatte sie drei Gestecke vorbereitet, eines steckte sie während des Vortrags. In Erinnerung geblieben ist mir, dass man Pflanzen nehmen sollte, die aus der Gegend stammen und zur Jahreszeit passen (Im Hier und Jetzt), im Hamburger April also etwa Narzissen und Tulpen. Beim Stecken gibt es immer eine Line, die nach oben zeigt und den Himmel repräsentiert, eine waagrechte für die Erde und dazwischen ist der Mensch, das Menschliche. Das hat mich an die chinesische Philosophie erinnert.

Sehr schön war, dass die Gestecke nach dem Salon bei uns blieben und wir ein paar Tage lang den Luxus hatten, sie bei jedem Gang durch den Flur auf uns wirken zu lassen. Bis sie verwelkten, was eben auch dazugehört, denn alles ist immer in Bewegung und Veränderung.
 
Eine Hommage an den Vollmond
Spirituelle Intervention im Flur


 

Sonntag, 23. März 2025

Buchpalast und Lesung in München

Auch im März (am Freitag, dem 14.) gab es eine schöne Veranstaltung zu unserem Buch "Ausgerechnet zu den Chinesen...", dieses Mal am Konfuzius-Institut in München. 

Das Team des Buchpalasts
 

Am Vormittag statteten Hilke und ich aber zunächst einmal dem "Buchpalast" einen Besuch ab. Diese Buchhandlung in München-Haidhausen wurde letztes Jahr in der Kategorie "Beste Buchhandlung" mit dem Deutschen Buchhandelspreis ausgezeichnet. Unter anderem nehmen sie sich dort jedes halbe Jahr einen kleinen, unabhängigen Verlag vor, den sie vorstellen und fördern möchten. In diesem halben Jahr war es AvivA und so stießen sie auch auf unser Buch und Katrin Rüger, einen der beiden Inhaberinnen, veröffentlichte eine begeisterte Rezension auf der Website (mehr). Grund genug, dort mal vorbeizuschauen. Der Empfang war sehr freundlich, es wurde auch gleich ein kleines Filmchen für die Instagram-Seite gedreht (mehr). Und wir haben beschlossen, dort nächstes Jahr eine Lesung zu machen. 

 

 


Mit Hilke im Buchpalast
 

Katrin Rüger kam dann auch abends zur Lesung im Konfuzius-Institut. Dort waren etwa 25 weitere Gäste (Ich vergesse in der Aufregung immer das Zählen, kann also nur schätzen :-), 13 weitere waren online dazugeschaltet, so dass auch meine Schwester, die gerade im Krankenhaus liegen musste, über Youtube-Livestream dabei sein konnte. Hilke und ich haben dieses Mal stärker versucht, die deutsch-chinesische Geschichte bis zur Gründung der Volksrepublik zu erzählen und auf dieser Zeitreise einige von den Frauen aus unserem Buch vorzustellen. Dadurch wird der Kontext deutlicher. Und wir denken auch, dass diese Geschichte bis heute in den Beziehungen zwischen Deutschland und China eine Rolle spielt, aber trotzdem wenig bekannt ist. Nach der Lesung gab es Brezen, Obst und Wein und man konnte noch plaudern und ein bisschen netzwerken. 

Foto: Renate Jährling

Dienstag, 25. Februar 2025

Finissage, Tai Chi und Lichter-Salon

"Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!"

An diese Gedichtzeile von Bertolt Brecht aus seinem Gedicht "An die Nachgeborenen", das er in den 1930er Jahren geschrieben hat, musste ich in letzter Zeit öfter denken, wenn ich mich für etwas interessierte oder begeisterte, wenn ich etwas in meinem persönlichen Leben wichtig nahm, das nichts mit Wahlkampf und Weltpolitik zu tun hatte. 

Aber ja: Wir alle haben das Recht, unser Leben gut zu gestalten, uns zu freuen, über Bäume zu reden (bzw. über Schneeglöckchen und Krokusse). Nicht nur, aber auch, um Kraft für Widerstand zu haben, wenn es nötig ist.  

In diesem Sinne schreibe ich jetzt über drei schöne "Events" aus den letzten Wochen:

Festveranstaltung: Finissage und Konzert in Berlin

Dr. Ye Ruirui an der Guzheng 
Hilke Veth und ich
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Finissage unserer Ausstellung "Begegnungen mit der Fremde. Deutschsprachige Abenteuerinnen in China im 19. und 20. Jahrhundert" am 27. Januar im Konfuzius-Institut Berlin war mit etwa 70 Gästen gut besucht, obwohl die Berliner Verkehrsbetrieben ausgerechnet an diesem Montag streikten und wir schon Schlimmes befürchtet hatten. 

Hilke und ich lasen von jeder der 17 vorgestellten Frauen ein Zitat vor und zeigten so die Bandbreite der Haltungen zu China und die allmählichen Veränderungen. Kombiniert war die Finissage mit einem Konzert zum chinesischen Neujahr. Die großartige Guzheng-Spielerin Ye Ruirui spielte neuere Kompositionen, die von alten Gedichten inspiriert waren. Frau Prof. Pan Lu, die chinesische Direktorin des Instituts, rezitierte die Gedichte auf Chinesisch und in deutscher Übersetzung, so dass die Zuhörer*nnen sich in die Stimmung der Musik einfühlen konnten. Nach dem Konzert gab es Baozi und Gespräche. Ein schöner Abschluss!

Tai Chi Workshop auf Sylt


Kurz danach fuhr ich mit zwei Gruppen meiner Tai-Chi-Schule (mehr) nach Sylt für einen viertägigen Workshop. Das Seminar fand in der "Akademie am Meer", der VHS Klappholttal statt. Ein wunderbarer, abgeschiedener Ort, mitten in den Dünen. Wir hatten auch Glück mit dem Wetter, konnten in den Pausen am Strand spazieren gehen und einmal sogar Tai Chi draußen praktizieren. (Das war allerdings schon ziemlich kalt.)

Lichter-Salon

Unser erster Salon im neuen Jahr, mitten in der dunklen Jahreszeit, hatte "Licht" zum Thema. Jupp hatte viele neue Lichtobjekte hergestellt, die wir zusammen mit früheren in der ganzen Wohung ausstellten. Dazu erzählte Jupp, wie die Idee zu diesen Werken entstanden ist, wie er sie herstellt und wie vieles davon dem Zufall zu verdanken ist und nicht geplant war. Etwa 20 Leute waren da, aßen, tranken Tee, unterhielten sich, lernten sich kennen. Und im Grunde ist es ja gerade in diesen Zeiten wichtig, sich zu treffen und miteinander zu reden. Über Kunst oder Bäume, den Zufall, oder  auch Politik 

Einige Impressionen: