"Was machen Sie beruflich?"


Das berufliche Leben als Patchwork, entstanden aus Neigungen, Begabungen und - dem Zufall. Einige "Grundfarben" tauchen immer wieder auf und halten alles zusammen. Mein besonderes Interesse gilt: Sprache(n); anderen Menschen und ihren Lebensgeschichten; alternativen Lebensentwürfen jenseits von Konsum und Hektik; fremden Kulturen (insbesondere China) und den reizvollen Unwägbarkeiten interkultureller Begegnungen.

Freitag, 29. November 2019

Klimademo in Hamburg 29.11.2019


An diesem Freitag hatte man die Wahl: Shoppen, was die Rabatte am Black Friday hergeben, oder auf der Klimademo gegen Ressourcenausbeutung und Kapitalismus demonstrieren. Auch in Hamburg haben sich ziemlich viele Leute für die zweite Variante entschieden, wobei die Zahlen mal wieder erheblich schwanken, von 30.000 (Polizei) bis 60.000 (Veranstalter). Es war sonnig und kalt, die Stimmung sehr friedlich. Viele junge Leute waren da, schließlich hatte ja auch "Fridays for Future" dazu aufgerufen, aber insgesamt war es durchaus altersgemischt. Weniger Parteien und Verbände als sonst üblich, dafür viele phantasievolle, selbstgebastelte Plakate. Über 150 Länder weltweit sollen sich am Klimastreik beteiligt haben, hoffentlich ein wichtiges Signal für die Weltklimakonferenz in Madrid (2. - 13. Dezember). Pessimismus sei letzten Endes nur Faulheit, sagte der Polarforscher Dirk Notz auf der Abschlusskundgebung in Hamburg. Wir hätten keine Zeit dafür. Und wenn man sieht, was "Fridays for Future" in relativ kurzer Zeit weltweit auf die Beine gestellt hat, dann macht das auch wirklich Hoffnung. Hier noch ein paar Impressionen aus Hamburg:













Donnerstag, 28. November 2019

MoMo11: Macht Selbermachen glücklich?

Vor kurzem habe ich eine Fernsehsendung über sozialwissenschaftliche Experimente gesehen. In einer Anordnung sollten die Versuchspersonen ein quietschgelbes Regal zusammenbauen und anschließend notieren, wie viel Geld sie bereit wären, für das Regal zu bezahlen. Danach wurde eine neutrale Gruppe dasselbe gefragt. Das Ergebnis: Die Personen, die das Regal gebaut hatten, waren in jedem Fall bereit, mehr dafür auszugeben und verteidigten auch Mängel, die sie beim Zusammenbauen vermurkst hatten. ("Gibt dem Regal eine individuelle Note.")

Individuelle Note
Das ist einer der Gründe, warum ich glaube, dass Selbermachen (oder Di-Ei-Wei, DIY = Do-it-yourself, wie es heutzutage heißt) ziemlich oft glücklich macht: Man entwickelt dabei eine Beziehung ("Resonanz") zu dem hergestellten Gegenstand, ob es nun die selbstgebackenen Plätzchen, der selbstgebaute Schreibtisch, die selbstgenähte Hose oder die handgefertigten Tagebücher sind. Man hat eine kleine gemeinsame Geschichte, hat sozusagen was zusammen erlebt.

Aber es gibt natürlich auch noch andere Gründe:

Montag, 25. November 2019

MoMo11: Das Glück der Fülle

Auf der Suche, nein, nicht nach dem Glück, sondern nach Büchern über das Glück, bin ich auf ein schmales Bändchen des Philosophen Wilhelm Schmid gestoßen, das mir gut gefallen hat.

Schmid unterscheidet verschiedene "Glücke". Das ist zunächst das Zufallsglück (engl. luck, frz. fortune). Der Lottogewinn, die unverhoffte Begegnung, das unerwartete Angebot. Das Zufallsglück kann nicht geplant werden, der Mensch kann nur versuchen, offen dafür zu sein und "das Schmetterlingsnetz bereithalten, in dem ein Zufall sich verfangen kann".

Dann gibt es das Wohlfühlglück (engl. happiness, frz. bonheur). Gesund sein, sich wohl fühlen, Spaß und Erfolg haben, Lust empfinden, Abenteuer erleben, also all die Dinge zur Verfügung haben, die als positiv und erstrebenswert gelten. Anders als das Zufallsglück kann man für das Wohlfühlglück einiges tun, es ist "machbar". Doch es ist nicht von Dauer, das klingt schon im französischen Bonheur, der "guten Stunde" an. Auch vom exquisitesten Essen wird man irgendwann satt, auch der tollste Sex ist irgendwann zu Ende und der Zauber des Neuanfangs verfliegt und weicht der Routine. "Dass das Leben Höhen und Tiefen kennt..., weiß auch der moderne Mensch, aber in seinen Augen kommt eigentlich nur den Höhen ein Recht auf Existenz zu, die Tiefen haben es verwirkt, ihnen droht die Höchststrafe der Moderne, die Abschaffung und Entsorgung."

Dem setzt Schmid das Glück der Fülle entgegen, das die grundsätzliche Polarität des Lebens mit heiterer Gelassenheit akzeptiert. "Nicht nur Gelingen, auch Misslingen; nicht nur Erfolg, auch Misserfolg; nicht nur Lust, auch Schmerz; nicht nur Gesundheit, auch Krankheit; nicht nur Fröhlichsein, auch Traurigsein; nicht nur Zufriedensein, auch Unzufriedensein. Nicht nur erfüllte, sondern auch leere Tage..." Das erfüllte Leben sei dann wie das Atmen zwischen beiden Polen. "Die gesamte Weite der Erfahrungen zwischen Gegensätzen vermittelt erst den Eindruck, wirklich zu leben und das Leben voll und ganz zu spüren." Anders als Zufalls- und Wohlfühlglück ist das Glück der Fülle von Dauer, da es nicht nur eine Gelegenheit oder ein Moment ist, sondern eine grundsätzliche Haltung dem Leben gegenüber.

Doch eigentlich, so Schmid, geht es bei der ganzen hektischen Suche nach dem Glück um etwas anderes.

Mittwoch, 20. November 2019

MoMo11: Glück und Gene

Gibt es so etwas wie Glückskinder? Menschen, die schon mit einer besonderen Veranlagung für das Glück auf die Welt kommen? Es scheint so. Tatsächlich halten Wissenschaftler 30 - 50 Prozent unseres persönlichen Glückslevels - oder sagen wir: unseres "subjektiven Wohlbefindens" - für angeboren, den Rest machen Lebensumstände (ca. 40 Prozent) und der Zufall aus. Untersucht hat man das an eineiigen Zwillingen, die kurz nach der Geburt getrennt wurden. Man stellte fest, dass ihr subjektives Glücksempfinden sich - anders als bei genetisch weiter entfernten Personen - kaum voneinander unterschied, obwohl sie in ganz anderen Umständen aufgewachsen waren.

Bei den genetischen Voraussetzungen spielen die Anzahl der Glücksbotenstoffe (Dopamin, Serotonin, Endorphin, Noradrenalin, Oxytocin) eine Rolle und Unterschiede in den Rezeptoren, die diese Botenstoffe aufnehmen und verarbeiten. Außerdem werden angeborene Persönlichkeitsmerkmale dazu gezählt, die kaum veränderbar sind. So scheinen vor allem fünf Eigenschaften positiv mit Glücksempfinden zu korrelieren: emotionale Stabilität, Extrovertiertheit, Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen, Verträglichkeit im Umgang mit anderen und Gewissenhaftigkeit.

Das kann man ungerecht finden. Ist es auch. Aber andererseits haben so auch Menschen, denen Liebe, Sicherheit oder Reichtum nicht in die Wiege gelegt wurden, eine Chance auf Glück.
Es ist wie mit der Gesundheit. Auch da spielen die Gene eine nicht unerhebliche Rolle, aber unser Lebensstil ist ebenfalls von Bedeutung. Und das ist auch hier die gute Nachricht: Mindestens die Hälfte unseres Glücksgefühls können wir selbst beeinflussen und entwickeln. Jeder ist also sozusagen seines halben Glückes Schmied.

Sonntag, 17. November 2019

MoMo11: But beautiful - der Film zum Glück

Passend zu meinem Monatsmotto "Glück" ist letzten Donnerstag der neue Film von Erich Wagenhofer in die Kinos gekommen. In seinen letzten Dokumentarfilmen hat er sich mit der Lebensmittelindustrie, Finanzsystemen und Bildungsvorstellungen auseinandergesetzt. Für diesen Film hat er sich auf die Suche nach Menschen gemacht, die in ihrem Wunsch nach einem guten, gelungenen, eben glücklichen Leben neue Wege beschreiten. "Frauen ohne Schulbildung, die Solaranlagen für Dörfer auf der ganzen Welt bauen. Permakultur-Visionäre auf La Palma, die Ödland in neues Grün verwandeln. Ein Förster, der die gesündesten Häuser der Welt entwickelt. Ein geistliches Oberhaupt mit Schalk und essentiellen Botschaften und seine tibetische Schwester, mit großem Herzen für die Jugend. Ein junges Jazztrio, ein etablierter Pianist, eine beseelte kolumbianische Sängern, die uns den Klang der Schönheit vermitteln", heißt es im Flyer zum Film.
Ein Film zudem mit großartigen Landschaftsbildern, der inspiriert und Lust auf Veränderungen im eigenen Leben macht. Ich wünsche mir mehr solcher Filme!

Dienstag, 12. November 2019

MoMo11: Macht Ausmisten glücklich?

Vor einiger Zeit habe ich auf einer Veranstaltung eine Frau getroffen, die erzählte, dass sie ihren ganzen Besitz auf 500 Dinge reduziert hat (und dazu gehören auch Teller, Löffel, Socken...). Sie hat mehrere Monate dafür gebraucht. Das Ganze lag schon ein Jahr zurück und sie war immer noch überrascht, wie positiv sich dieses Reduzieren auf ihr Leben ausgewirkt hat. Seitdem habe sie mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leichtigkeit...
Wir dürfen bleiben!
Damit liegt sie voll im Trend. Recherchiert man im Netz zu "Glück und Aufräumen" finden sich viele Ratgeber. Von "Ballast abwerfen", "Platz für die wesentlichen Dinge des Lebens", "loslassen" und "durchatmen" ist die Rede. Wie sehr das Thema den Nerv der Zeit trifft, kann man auch an der erstaunlichen Karriere der "Ordnungspäpstin" Marie Kondo sehen, einer 35jährigen US-Japanerin, die 2011 ihr erstes Buch über ihre Ordnungsmethoden veröffentlichte und damit einen Weltbestseller landete. Mittlerweiler bildet sie international BeraterInnen aus, die nach ihrer "KonMari-Methode" arbeiten, hat eine Doku-Serie bei Netflix und wurde vom Time Magazin 2015 zu einer der hundert einflussreichsten Personen weltweit gekürt. Wenn es nach ihr geht, sollte man nur Dinge behalten, die einen glücklich machen, alles andere kann weg.

Der Trend zeigt vor allem, dass wir in einer Überflussgesellschaft leben, zu viel konsumieren und dass uns das nicht glücklich macht. Natürlich kann es befreiend sein auszumisten, trotzdem glaube ich persönlich nicht an einen extrem minimalistischen Einrichtungsstil. Warum?

Mittwoch, 6. November 2019

MoMo11: Zahlenwirrwarr im Glücksatlas

Noch einmal zum Thema Glücksatlas Deutschland 2019. Es hat mir keine Ruhe gelassen, dass ich auf andere Zahlen komme, als die, die in der Pressemitteilung stehen und die natürlich auch von allen Medien verbreitet werden. Ich habe mir deshalb heute noch einmal die Zahlen der einzelnen Regionen von 2018 genau angesehen und sie mit 2019 verglichen. Demnach stimmt es gar nicht, dass die Deutschen so zufrieden sind wie noch nie, sie sind sogar minimal unzufriedener als vor einem Jahr und der Abstand zwischen West und Ost ist keineswegs auf einem historischen Tiefstand, sondern hat sich so gut wie nicht verändert. Warum schreiben dann alle etwas anderes? Mache ich irgendeinen Denkfehler?
Hier meine Daten zum Nachprüfen:
Qelle Zahlen 2019: Infografiken 19 Regionen. aus: Deutsche Post Glücksatlas 2019
Quelle Zahlen 2018: Reinhard Schlinkert / Bernd Raffelhüschen: Deutsche Post Glücksatlas 2018, S. 30



Regionen
2019
2018
Differenz
1
Schleswig-Holstein
7,44
7,44
0
2
Hessen
7,31
7,27
+0,04
3
Hamburg
7,27
7,36
-0,09
4
Franken
7,27
7,26
+0,01
5
Bayern-Süd
7,26
7,22
+0,04
6
Nordrhein/Köln
7,23
7,24
-0,01
7
Baden
7,21
7,23
-0,02
8
Rheinl.-Pfalz/Saarland
7,21
7,23
-0,02
9
Württemberg
7,21
7,16
+0,05
10
Niedersachsen/Hannover
7,19
7,19
0
11
Niedersachsen/Nordsee
7,18
7,20
-0,02
12
Nordrhein/Düsseldorf
7,15
7,16
-0,01
13
Westfalen
7,12
7,13
-0,01
14
Thüringen
7,09
7,03
+0,06
15
Sachsen
6,98
6,91
+0,07
16
Berlin
6,93
6,94
-0,01
17
Sachsen-Anhalt
6,92
6,88
+0,04
18
Mecklenb.-Vorpommern
6,87
6,96
-0,09
19
Brandenburg
6,76
6,84
-0,08


Durchschnitt ges.(19)
Durchschnitt West (13)
Durchschnitt Ost (6)
135,6
7,14
7,23
6,93
135,65
7,14
7,24
6,93

Dienstag, 5. November 2019

MoMo11: Machen Schafe glücklich?

Wie es der Zufall so will, ist gerade heute der Glücksatlas für Deutschland 2019 vorgestellt worden. Seit neun Jahren gibt die Deutsche Post (Warum die Post??) jährlich diese Studie in Auftrag. Und dabei hat man festgestellt, dass die Menschen in Deutschland so zufrieden sind wie noch nie. Auf einer Skala von 1 (ganz mies) bis 10 (super) liegt der Durchschnittswert jetzt bei 7,14. Spitzenreiter ist, wie schon in den letzten Jahren, Schleswig-Holstein (7,44), gefolgt von Hessen und Hamburg, das Schlusslicht bildet wieder Brandenburg mit 6,76. Alle sechs ostdeutschen Regionen (inkl. Berlin) liegen unter dem Durchschnitt auf den letzten Plätzen. Aber angeblich nähern sich der Westen und der Osten immer weiter an und unterscheiden sich nur noch um 0,17 Punkte. Nach meiner Rechnung sind es zwar 0,3, aber ich will keine Spielverderberin sein. (Wer selber nachrechnen oder wissen möchte, wie es um seine Region bestellt ist, kann sich hier die Info-Grafiken herunterladen.)

Das wirft jetzt eine Reihe von Fragen auf?
  1. Wenn die Deutschen so zufrieden sind, warum hat dann die AfD solche Wahlerfolge?
  2. Wie ist Glück in dieser Studie überhaupt definiert und wie wird es gemessen?
  3. Und warum Schleswig-Holstein? Machen Schafe glücklich?

Sonntag, 3. November 2019

Elfter Mottomonat 2019: Glück

Jawohl, das Thema dieses Monats ist "Glück". Allen schlechten Nachrichten aus der Welt zum Trotz und gerade im kalten, grauen Monat November, der nicht unbedingt den Ruf hat, an der Ausschüttung von Glückshormonen entscheidend beteiligt zu sein.
Im Sommer vor acht Jahren hatte ich schon einmal die Idee, mich intensiver mit dem Glück zu befassen. Ich begann einen Blog mit dem Titel "Glücksversuch", den ich aber nach drei Beiträgen bis heute wieder ruhen ließ.
"Was ist Glück?", fragte ich mich dort. "Ein intensiver Moment? Die Abwesenheit von Schmerz? Etwas, das von außen über mich kommt? Oder hängt es von mir selbst ab, wie glücklich ich werden kann? Gehört das Glück zu einem gelungenen Leben? Und was macht mich wirklich glücklich? Ein Versuch, dem Glück auf die Spur zu kommen. So konkret wie möglich, so theoretisch wie nötig."

Nun will ich diesen Fragen wenigstens einen Monat lang wieder nachgehen.
He comitido el peor de los pecados que un hombre puede cometer, no he sido feliz.
Ich habe die schlimmste Sünde begangen, die ein Mensch begehen kann, ich war nicht glücklich.
Jorge Luis Borges (1899-1986), argentinischer Schriftsteller

Freitag, 1. November 2019

MoMo10: Resümee "China-Buch"

Das Motto dieses Monats war im Grunde eine Notlösung. Ich dachte, dass ich sowieso zu nichts anderem komme, wenn ich mich mit dem China-Buch beschäftige, also mache ich aus der Not eine Tugend.

Ich habe viel dabei gelernt, u.a. habe ich mich beschäftigt mit
- Schönheitsoperationen weltweit
- der antiken Vier-Elemente-Lehre
- chinesischen Sprichwörtern
- Toilettenrevolutionen
- der Wirkungsweise von Whitener-Cremes
- Hightec-Toiletten
- Gedichten über den Taishan
- Rassismus bei Kant ....

Das Recherchieren und Schreiben hat mir Spaß gemacht. Trotzdem habe ich gemerkt, dass es problematisch ist, Berufliches und Mottomonate miteinander zu verquicken. Es nimmt den Mottomonaten viel von ihrer Selbstbestimmtheit und Leichtigkeit. Also werde ich meine Themen dafür in Zukunft wieder anders auswählen und darauf achten, dass auch in beruflich angespannteren Zeiten Raum dafür bleibt.