"Was machen Sie beruflich?"


Das berufliche Leben als Patchwork, entstanden aus Neigungen, Begabungen und - dem Zufall. Einige "Grundfarben" tauchen immer wieder auf und halten alles zusammen. Mein besonderes Interesse gilt: Sprache(n); anderen Menschen und ihren Lebensgeschichten; alternativen Lebensentwürfen jenseits von Konsum und Hektik; fremden Kulturen (insbesondere China) und den reizvollen Unwägbarkeiten interkultureller Begegnungen.

Sonntag, 30. Juni 2019

MoMo6: Kurzer Abriss meiner sportlichen Laufbahn


Mit etwa zwei Jahren
Ich habe versucht, Kinderfotos zu finden, die mich bei einer sportlichen Aktivität zeigen, aber die Ausbeute war gering. Was nicht nur darin liegt, dass man damals noch nicht alles fotografiert hat.
In meiner Familie wurde Sport weder abgelehnt noch gefördert, er spielte einfach keine Rolle. Meine Eltern fanden ihr Leben wohl auch ohne sportliche Betätigung anstrengend oder ausgefüllt genug.


Die berühmte Reckstange, rechts: ich mit zehn Jahren
Als Kinder liefen meine Schwester und ich im Sommer nach dem Essen schnell aus dem Haus zu den anderen Kindern aus der Nachbarschaft. Wir spielten Ball und Fangen, später auch Tischtennis, und kamen mit grasgrünen Füßen zurück. Es gab eine Reckstange, an der wir Kunststücke übten. Wir wollten eine Zirkusvorstellung für die Eltern geben, aber daraus wurde nie etwas. Reck war denn auch das einzige Gerät, an dem ich im Sportunterricht einigermaßen glänzen konnte. Alles andere fand ich furchtbar. Ich hatte Angst vor den Geräten, Angst zu versagen, Angst mir weh zu tun, Angst ausgelacht zu werden. Vor den Bundesjugendspielen hatte ich Albträume und stellte mir vor, wie ich mich vor all den Zuschauern blamieren würde. Später, während der Pubertät, sehe ich mich in der Erinnerung vor allem auf einem Sofa oder Liegestuhl sitzen, Kekse essend und in ein Buch vertieft.

Selbst das Wandern entdeckte ich erst mit Mitte zwanzig. Ich studierte damals in Saarbrücken, das Elsass und Lothringen lagen nahe, ich ließ mich von Freunden zu kleinen Touren überreden. Seitdem habe ich viele schöne Wanderungen gemacht. Die schönsten dauerten mehrere Tage, einmal an der Tigersprungschlucht in Südchina und fünf Tage in den Rhodopen in Bulgarien. Beim Wandern genieße ich das Gefühl von Stärke und Kraft, aber das Entscheidende ist die Natur. Der würzige Duft im Wald, die Blumenwiesen, die grandiosen Ausblicke von den Gipfeln.

Später kam Tanzen dazu, viele Jahre habe ich intensiv Tango getanzt, später auch Swing. Aber das hatte für mich nichts mit Sport zu tun. Es war die Freude an der Musik, an der gemeinsamen Bewegung mit einem anderen Menschen. Tanzen hat mir den Weg zu anderen Kulturen, Sprachen und Welten geöffnet.
Auch Yoga habe ich irgendwann mit Mitte 20 mal angefangen und viele Jahre später, nach der Rückkehr aus China, wieder aufgegriffen. Inzwischen habe ich mir aus Kursen, Büchern, und Videos ein eigenes Programm zusammengestellt, das ich ziemlich regelmäßig durchführe.

Während ich das schreibe, stelle ich fest, dass alles, was ich längerfristig an "Sport" gemacht habe und mache, für mich etwas haben muss, was über die bloße Bewegung hinausgeht. So wie es mir beim Wandern um die Natur geht oder beim Tanzen um Musik und andere Kulturen, so gefällt mir an Yoga und auch an Taijiquan, dass diese Bewegungen schon vor langer Zeit entwickelt wurden und dass dahinter eine Philsophie steckt.
Deshalb konnte ich mich wohl auch nie mit Fitnessstudios und Sportgeräten anfreunden. Als Reha-maßnahme, aus Gesundheitsgründen, kann das sinnvoll sein, aber ich stelle es mir langweilig vor. Ich verstehe auch nicht, warum Menschen mit einem Mountainbike halsbrecherisch Berge herunterrasen oder 24 Stunden bzw. 100 Kilometer am Stück laufen wollen. Olympiaden, Rad- oder Skirennen und dergleichen interessieren mich ebenfalls nicht. Für mich hat Sport nichts mit Wettkampf und Leistungsvergleich zu tun und schon gar nicht mit nationaler Ehre, sondern mit persönlicher Weiterentwicklung - nicht nur auf körperlicher Ebene.

Mittwoch, 26. Juni 2019

MoMo6: Stadtoasen

Der Monatsmotto "Bewegung" und der Wunsch, das viele Draußensein in Kreuth auf meinen Alltag in Hamburg zu übertragen, haben mich nun dazu gebracht, morgens in den Park zu gehen. Eigentlich will ich das schon lange machen, konnte mich aber bisher nicht dazu aufraffen. Dabei habe ich den Wohlerspark, einen der - für mich - schönsten Parks von Hamburg direkt vor der Haustür.

Na ja, direkt vor der Haustür stimmt nicht ganz. Dort sieht es nämlich so aus: 

Aber nur drei Gehminuten weiter gibt es einen magischen Durchgang und plötzlich steht man in einer der Lindenalleen, die den Park durchziehen.
Der Wohlerspark ist ein kleiner Park, eigentlich ein alter Friedhof. 1831 wurde er eingeweiht, 1945 fand dort die letzte Beerdigung statt. Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bauten dort Kleingärtner Kartoffeln und Gemüse an, im kalten Winter 1945/46 wurden 115 Alleebäume gefällt und zu Feuerholz verarbeitet. Doch bald danach begann man mit der Restaurierung und 1979 wurde das Gelände offiziell umgewidmet, unter Denkmalschutz gestellt und der Öffentlichkeit als Park übergeben.









Zwischen Bäumen und Blumen stehen immer noch alte, verwitterte Grabsteine, doch das tut der Beliebtheit des Parks keinen Abbruch. Morgens treffen sich dort die Sportler, joggen, machen Dehnübungen oder Taijiquan und Yoga. Mittags ist der Park von Kinderkreischen erfüllt. Anscheinend dient er sämtlichen Kitas der Umgebung als Spielgelände. Und am Wochenende riecht der ganze Park im Sommer nach Grillanzünder. Dann werden Seile und Hängematten zwischen die Bäume gespannt und manch einer sitzt mit seiner Gitarre auf der Wiese.






Und in diesem netten, kleinen Park drehe ich jetzt morgens meine Runden, barfuß, wenn es nicht zu matschig ist. Danach stelle ich mich unter diesen schönen Baum und mache Übungen, die ich im Stehen machen kann. Die Vögel singen sogar noch lauter als in Kreuth (müssen sie ja auch, bei den lauten Straßen in der Umgebung), Eichhörnchen kommen auch vorbei, und wenn ich dann noch einen Windhauch spüre und einen Sonnenstrahl bin ich glücklich.

Schön, den Tag so anzufangen!

Dienstag, 25. Juni 2019

MoMo6: Yoga-Film

Im Moment läuft im Kino der Film Yoga - die Kraft des Lebens. Der französische Regisseur und Autor Stéphane Haskell hat diese Kraft am eigenen Leib erfahren: Nach einem Bandscheibenvorfall und einer riskanten Operation saß er im Rollstuhl, konnte nur noch ein paar Schritte gehen und hatte Tag und Nacht unerträgliche Schmerzen. Der Fotoreporter konnte nicht mehr arbeiten, war depressiv und neidisch auf alle Menschen, die sich normal bewegen konnten.
Yoga erschien ihm zunächst wie eine Art Folter, doch er hielt durch und langsam wurde sein Zustand tatsächlich besser. Aus Dankbarkeit versprach er einer seiner Yogalehrerinnen, einen Film darüber zu machen. Es war nicht zuletzt dieses Anliegen, das ihn weiter motivierte und ihm wieder Antrieb und Lebensfreude gab.

Im Film erzählt er seine Geschichte und reist durch die ganze Welt, um Projekte zu besuchen, in denen Yoga seine heilende Wirkung entfalten kann: bei Gefangenen in den USA und Kenia, traumatisierten Kindern in Sri Lanka, orthodoxen Juden in Israel, bei Schwangeren und Multiple-Sklerose-Patienten, Massaikriegern und französischen Schulkindern... In Interviews erzählen die Lehrenden und die Teilnehmenden, warum sie das machen und was es ihnen gibt. Sehr spannend! Und er kann sogar noch mit B.K.S. Iyengar (1918-2014) sprechen, einem der einflussreichsten Yogalehrer weltweit, nach dessen Methode er selbst mit Yoga begonnen hat. (Trailer)

Nach dem Film hatte ich natürlich sofort Lust, mich mehr auf Yoga einzulassen und mal wieder einen Kurs zu machen, um neue Ideen zu bekommen. Aber leider bin ich im Moment etwas gehandicapt: Bei einer Wanderung in Kreuth bin ich ausgerutscht und habe mir die Hand verstaucht. Sie tut immer noch weh und viele Yogaübungen könnte ich im Moment einfach nicht mitmachen. Dann eben ein anderes Mal, in einem anderen Mottomonat.

Sonntag, 16. Juni 2019

MoMo6: Impressionen aus Kreuth

Ich bin wieder in Hamburg. Der neue Mottomonat "Körper und Bewegung" ist schon halb vorbei und es ist Zeit, eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen: Ich habe mich die letzten Wochen tatsächlich sehr viel bewegt, vor allem bergauf und bergab. Anders als früher steige ich nicht mehr am ersten Tag auf den höchsten Berg, sondern laufe mich langsam ein. Kein Muskelkater also, aber das deutliche Gefühl, jeden Tag ein bisschen kräftiger zu werden. Und das fühlt sich sehr gut an!

An wanderfreien Tagen, sind wir (zu dritt) morgens zum Kreuther Fitness-Pfad marschiert. Da stehen ein paar Geräte, für die sich außer uns nie jemand zu interessieren schien. Kraft-, Dehn- und Lockerungsübungen, drumherum Wald, Kiefernnadelgeruch, Vogelgezwitscher, manchmal ein Eichhörnchen. Danach statteten wir noch dem Kneipp-Tretbecken im Kreuther "Kurpark" einen Besuch ab (eiskaltes Wasser!). Nach einer guten Stunde waren wir wieder zu Hause und hatten das schöne Gefühl, schon "was" gemacht zu haben, wenn wir uns auf der Terrasse ausstreckten.

Das Kreuther Freibad war eine Neuentdeckung: ein richtig schönes, kleines Dorffreibad mit einer kleinen Rutsche, einer großen Liegewiese und Bergpanorama drumherum. Alle schienen sich zu kennen, die Kinder kamen nach der Schule, um sich begeistert ins Wasser zu schubsen und herumzukreischen, während wir im Schwimmerbecken ungestört unsere Bahnen ziehen konnten. Dazu gab es natürlich Eis am Stiel.

Aber jetzt die große Frage: Wie kann ich all das, die Kraft, die Freude an der Bewegung in der Natur, überhaupt das viele Draußensein ... in meinen Alltag in Hamburg integrieren?

Hier noch ein paar Fotos aus den letzten zwei Wochen:
Wanderung am Achensee in Tirol
Ausblick bei Wanderung zum Hirschberg

Sogar Schneefelder mussten noch überquert werden.
Modische Kuh unterwegs

Kleines Konzert für interessierte (?) Kühe
Wir hatten in Netz einige witzige Videos darüber gesehen, wie Tiere auf Musik reagieren, und das wollten wir unbedingt mal ausprobieren. Also sind wir zur nächsten Kuhweide und haben losgelegt.

Donnerstag, 13. Juni 2019

Umwege - Von China nach Bayern

Mitten in Kreuth, einem kleinen, idyllischen Ort südlich vom Tegernsee, mit Maibaum, Kuhweiden, schönen Bauernhäusern und gelegentlichen Volksmusikabenden, steht das "Wolfgang Müller Haus - Begegnungsstätte für Ostasienfreunde". Hier bin ich jetzt seit fast zwei Wochen.

Wolfgang Müller (Foto: Utz Munder)
Es ist das ehemalige Wohnhaus des evangelischen Pfarrers Wolfgang Müller. Dieser, 1911 geboren, ging als junger Mann 1938 nach China und wurde Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Tianjin und außerdem Lehrer für Religion, Biologie und Sport an der dortigen Deutschen Schule. Nach seiner Repatriierung 1946 bekam er eine Pfarrstelle in Bad Wiesee und versuchte von dort aus, den Kontakt mit seinen ehemaligen "Schäfchen", die nun in alle Welt verstreut waren, zu halten.
Auf einem der jährlichen Hüttentreffen entstand schließlich die Idee, einen Verein zu gründen, der dieses Lebenswerk auch über seinen Tod hinaus weiterführen sollte. So wurde 1992 das "Studienwerk Deutsches Leben in Ostasien e.V."  ins Leben gerufen. Sein Ziel ist, laut Satzung, "die Verbindung mit Ostasien wachzuhalten, zurückblickend auf die eigenen Erinnerungen und offen für den ständigen Wandel."

Sonntag, 2. Juni 2019

Sechster Mottomonat 2019: Körper und Bewegung

Wenn der Monat schon mit einem Wanderurlaub anfängt, dann bietet es sich an, Körper und Bewegung zum Motto zu machen. Das Thema ist in der letzten Zeit sowieso ein bisschen zu kurz gekommen. Ich bin sportlich nicht gerade überaktiv. Ich bin weder Mitglied in einem Fitnessstudio noch in einem Sportverein und Joggern sehe ich eher mitleidig hinterher. Aber ich bemühe mich, mindestens viermal in der Woche morgens eine halbe Stunde Yoga zu machen. Ich gehe viel zu Fuß und ich wandere richtig gern.

Bayern, Nähe Tegernsee, 2014

In diesem Monat will ich ein paar neue Yogaübungen in meine Routine einbauen.

Außerdem möchte ich mich schon seit langem mit Taijiquan beschäftigen. In China habe ich immer die Menschen bewundert, die das morgens oder abends gemeinsam im Park praktizieren. Mir hat auch gefallen, dass es dort so etwas Alltägliches ist, dass man es jederzeit, auch mit Rucksack und Straßenschuhen, machen kann.





Einmal habe ich versucht, es zu lernen. Das Ausländerwohnheim, in dem ich in Peking lebte, bot einen Kurs an. Das war ziemlich frustrierend. Der Lehrer erklärte nichts und ging total schnell voran. Wenn ich eine Schrittfolge verstanden hatte, war er schon zwei weiter. Nach ein paar Mal habe ich aufgegeben. Ein Mottomonat wäre eine gute Gelegenheit, es noch einmal zu versuchen.

Außerdem möchte ich mehr Fahrrad fahren. Und ich stelle mir vor, dass ich morgens früh aufstehe und eine Runde durch den Park drehe (nein, nicht joggend, nur gehend). Aber frühmorgens sehe ich das erfahrungsgemäß meist anders...
 
Zum Körper gehört natürlich nicht nur Bewegung, sondern auch so etwas wie Wellness, also Sauna, Massagen ... ich könnte mal das Hamam in Hamburg ausprobieren ...