"Was machen Sie beruflich?"


Das berufliche Leben als Patchwork, entstanden aus Neigungen, Begabungen und - dem Zufall. Einige "Grundfarben" tauchen immer wieder auf und halten alles zusammen. Mein besonderes Interesse gilt: Sprache(n); anderen Menschen und ihren Lebensgeschichten; alternativen Lebensentwürfen jenseits von Konsum und Hektik; fremden Kulturen (insbesondere China) und den reizvollen Unwägbarkeiten interkultureller Begegnungen.

Dienstag, 22. Januar 2019

MoMo1: Alte Fotos und ihre Geschichten

Im Rahmen meines Fotomonats habe ich meine alten Familienalben durchgesehen und bin dabei auf eine Kopie des Familienstammbaums gestoßen, den mein Vater mal erstellt hat. Die ersten dürftigen Aufzeichnungen stammen vom Ende des 18. Jahrhunderts, mehr Informationen konnte er erst aus dem 19. Jahrhundert zusammentragen. Trotzdem erscheint mir dieser Stammbaum wie ein Spiegel der deutschen Geschichte und der Veränderungen der sozialen Verhältnisse.

Die Vorfahren meines Vaters kommen aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Schlesien im heutigen Polen. Einfache Leute, Arbeiter, Handwerker, darunter ein Scherenschleifer, mein Großvater Korbmachermeister. Der schlesische Zweig ist katholisch, die anderen sind Protestanten.
Auf der Seite meiner Mutter kommen alle aus Bayern, auch hier Handwerker, Bäcker, Färber, die meisten aber sind Bauern aus einem Dorf in der Nähe von München, erzkatholisch, kinderreich, die erste Tochter wird meist Maria, der erste Sohn Josef genannt. In diesem Dorf wurde 1986 eine Art Chronik erstellt, das Hohenbrunner Heimatbuch von Heinrich Gröber, in dem auch ein Foto meiner Urgroßeltern zu sehen ist:

Das Foto ist auf dem Feld aufgenommen, sie tragen Arbeitskleidung, das Kopftuch gehörte dazu. Ich finde, sie sehen gottergeben aus, einverstanden mit dem Leben, wie es nun mal ist. Nicht unbedingt glücklich.
Beide sind Jahrgang 1865. Meine Urgroßmutter hat 13 Kinder geboren, von denen sechs das erste Jahr nicht überlebt haben.
Aber es gibt auch dieses Foto in der Chronik: Die Familie (und ein paar Nachbarn) bei der Hausmusik. Der Urgroßvater soll sehr musikalisch gewesen sein und sich selbst das Orgelspielen beigebracht haben. Das kleine Mädchen vorne ist meine Großmutter. Sie war später Organistin in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin.







Die ersten Büroberufe (Kontoristin, Postangestellter) tauchen erst in der Generation meiner Großeltern auf. Und erst in meiner Generation war es nicht mehr ungewöhnlich, dass auch Kinder aus dieser sozialen Schicht studierten. Was für Veränderungen innerhalb weniger Generationen!

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