"Was machen Sie beruflich?"


Das berufliche Leben als Patchwork, entstanden aus Neigungen, Begabungen und - dem Zufall. Einige "Grundfarben" tauchen immer wieder auf und halten alles zusammen. Mein besonderes Interesse gilt: Sprache(n); anderen Menschen und ihren Lebensgeschichten; alternativen Lebensentwürfen jenseits von Konsum und Hektik; fremden Kulturen (insbesondere China) und den reizvollen Unwägbarkeiten interkultureller Begegnungen.

Dienstag, 9. April 2019

MoMo4: Vom Guerilla- zum Urban Gardening

Es tut sich was. Letzten Samstag hat sich der "Freundeskreis Suttnerpark" bzw. "Beet-Club" (wegen der nahe gelegenen Kirche) getroffen und wir haben gemeinsam unsere Hochbeete repariert.

Wie wir zu den Hochbeeten gekommen sind? Das ist eine lange Geschichte, die vor ungefähr acht Jahren mit dem Kampf gegen die Moorburgtrasse anfing, einer Fernwärmeleitung, die der Stromkonzern Vattenfall vom Kohlekraftwerk Moorburg aus durch die Stadt bauen wollte. Die Trasse sollte auch durch den Suttnerpark gehen, einem damals eher vernächlässigten Grünstreifen in unserer Nachbarschaft, auf dessen Wert eine kleine Gruppe durch verschiedene Aktionen aufmerksam machen wollte. Wir trafen uns regelmäßig bei einer Feuertonne im Park, es gab Bier und Gespräche, Kunstausstellungen, philosophische Spaziergänge, eine Marathonlesung und eben auch die Anpflanzung verschiedener Kräuter und Blumen. Guerilla Gardening.


Beim Aufbau der Gabionen
2011 bildete sich der Freundeskreis Suttnerpark und der Bezirk Altona unterstützte uns beim Aufbau eines Urban Gardening Projekts. Wir bekamen Geld für Gabionen und Kokosmatten und die Stadt lieferte uns Erde und sogar Stauden.

Vorsichtiges Anpflanzen
Wir hatten alle keine große Ahnung vom Gärtnern, pflanzten einfach alles ein, ein paar Gemüse dazwischen. Bei schönen Wetter trafen wir uns regelmäßig zum Grillen und ab und an war auch mal ein selbst geerntetes Gemüse im Topf, im ersten Jahr vor allem Rote Bete.

Wir waren ein kleiner Teil eines breiten Protestbündnisses gegen Vattenfall und wir hatten tatsächlich Erfolg: Der Energiekonzern musste schließlich aufgeben, die Trasse wurde nicht gebaut! Und unser Projekt schaffte es sogar in die Zeitung:
Hamburger Morgenpost vom 8. Juni 2012
Als unser kleiner Park im Zuge von Baumaßnahmen neu gestaltet werden sollte, beteiligten wir uns ziemlich aktiv am öffentlichen Planungsverfahren. Urban Gardening war in, wir bekamen noch mehr Hochbeete zugesprochen und mussten am Ende eher bremsen, weil wir gar nicht wussten, wie wir das mit unserer relativ kleinen Gruppe überhaupt bewirtschaften sollten.

Wir gingen weiterhin relativ entspannt an die Sache heran. Manches wuchs, manches nicht. Die ersten eigenen Kartoffeln waren ein Ereignis. So andächtig habe ich selten Kartoffeln verspeist. In
einem Jahr entwickelte eine Kürbispflanze einen fast erschreckenden Expansionsdrang und nahm nach und nach die ganze umliegende Wiese in Beschlag. Nicht immer konnten wir die Früchte unserer Arbeit ernten, manches wurde von Passanten geklaut. Teilweise wurden sogar Obststräucher, die die Stadt gepflanzt hatte, ausgegraben und mitgenommen. Unsere Beete stehen an einem öffentlich zugänglichen Platz. Der Vorteil ist, dass es eigentlich immer, wenn wir dort zugange sind, zu Gesprächen kommt. Viele Leute sagen uns, dass sie sich freuen, wenn sie unsere Beete sehen. Sie fragen nach Pflanzen, erzählen von den Gärten ihrer Großeltern in der Türkei oder in Russland und geben Gartentipps. Kinder bewundern die Hummeln und riechen an der Zitronenmelisse. Betrunkene Obdachlose versichern uns, dass sie auf die Beete aufpassen. Tatsächlich hat es bisher kaum Vandalismus gegeben.

Im letzten Jahr hat sich unsere Gruppe verändert. Einige der alten MitstreiterInnen sind weggezogen, neue Interessentinnen haben die Beete übernommen. Und jetzt müssen wir uns erst noch richtig kennenlernen. Der Samstag war schon mal ein guter Anfang.

Wer noch mehr wissen möchte, wird her fündig: Suttnerblog
(Da sind auch schöne Fotos von Pflanzen, Hummeln und Festen zu sehen.)

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